55 Euro kosten 100 Gramm Harz im Onlinehandel – denn das Blut der Oberpfäl-zer Bäume ist wertvolles Räuchergut. Ganz ohne Kommerzgedanke lassen sich uralte Rituale des Rauhnacht-Räucherns am Freitag, 4. Januar in Tirschenreuth erleben.
Susanne Lehner war im Wald – vor einer ganzen Weile schon hat sie Harzklumpen von den Fichten gesammelt und getrocknet. Verräuchert man diese Klumpen, duftet es nach „Sicherheit und Schutz und Erde! Das Räuchern mit Kräutern, Wurzeln und Harzen ist ein alter Tirschenreuther Ritus,“ so die zertifizierte Kräuterführerin.
Kräuterführung für jedermann
Aber was kann man alles verräuchern und welche Wirkung wurde dem Rauch von unseren Ahnen nachgesagt? Wieso räucherten nordamerikanische Indianer genauso wie die Slawen in unserer Heimat? Am 4. Januar ab 16 Uhr erläutern das Susanne Lehner und Cornelia Stahl mit einer einmaligen Kräuterführung auf dem Tirschenreuther Mühlbühl. Es wartet kein trockener Vortrag, sondern ein geruchsintensives Mitmacherlebnis am warmen Feuer. Treffpunkt ist um 16 Uhr vor der Mittel-schule (Parkplatz), die Anmeldungen laufen über die Tourist-Info der Stadt per E-Mail urlaub@stadt-tirschenreuth.de oder Telefon 09631 600 248. Die Teilnahme kostet 10 Euro; bezahlt wird direkt bei den Gästeführerinnen.
Mystische Rauhnacht
Das Datum des Räucherritus ist kein zufälliges, denn noch bis Dreikönig sind die so genannten Rauhnächte – eine Zeit um den bösen Geistern des alten Jahres klar zu machen, dass sie gerne in 2018 zurückbleiben können. Die Räucherkultur dazu ist bis auf wenige Reste verschwunden. Nur noch wenige Bauern verräuchern traditionell den an Mariä Himmelfahrt geweihten Kräuterbusch im Stall. Ausgerechnet die Kirche bewahrt immerfort die einst heidnische Räucherkunst und lässt zu Hochfesten den süßlichen Weihrauchduft verströmen, mit dessen Schwaden die Gebete gen Himmel steigen sollen.
Ein Feuer im Winterdunkel
Am Feuer im Winterdunkel bieten die zertifizierten Kräuterführerinnen Geruchserlebnisse, „die nicht nur nach Räucherstäbchen stinken“, sagt Susanne Lehner. Kräuterführerin Cornelia Stahl hat beispielsweise einen echten Wachholder in einem alten Garten in der Tirschenreuther Ringstraße gefunden und erklärt: „Im Wachholder wohnt ein uriger Oberpfälzer Duft, allerdings entfaltet nur der originale Wacholder dieses Räucheraroma. Den alten Wacholder erkennt man daran, dass er Stacheln trägt – die heute verbreitete Ziervariante macht das nicht.“ Weil Wacholder, Fichte und Mariengras recht intensive Aromen entfalten können, ist eine alte Jacke wohl das richtige Kleidungsstück für den einmaligen Räucherworkshop. In den Rauhnächten im Januar 2020 soll es dann eine Fortsetzung geben!
Foto: Susanne Lehner
BU: Die zertifizierten Kräuterführerinnen Cornelia Stahl (l.) und Susanne Lehner (r.) mit traditionellen Räucherpflanzen für die Rauhnächte.