Mit der Ziegler Group plant ein großes Unternehmen aus der Region im Süden der Stadt Tirschenreuth den Bau eines ökologischen Innovationszentrums. Für die Herstellung von zertifizierten Einfamilienhäusern sollen dort auf einem rund 35 ha großen Areal unter anderem Produktions- und Lagerhallen sowie eine Musterhaussiedlung entstehen. „Anfang der Woche haben sich der Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) Dr. Norbert Schäffer aus Hilpoltstein, der Leiter der Bezirksgeschäftsstelle Oberpfalz Christoph Bauer aus Regenstauf und der Vorsitzende der Kreisgruppe Tirschenreuth Klaus Krützfeld aus Fuchsmühl dort zu einer Vor-Ort-Begehung getroffen. Im Anschluss wurden Aussagen wie ‚Hier wird das Tafelsilber des bayerischen Naturschutzes verschleudert‘ getroffen – oder auch behauptet, dass ‚… sowohl die Stadtspitze als auch das beauftragte Planungsbüro völlig unkritisch über alle Naturschutzbelange hinweggehen‘“, so Bürgermeister Franz Stahl. Diesen polemischen und unsachlichen Äußerungen möchte er entschieden widersprechen.
Bewusstes Ignorieren der Leistungen der Stadt
Franz Stahl: „Wo war der der Verband, als die Stadt in den 90er Jahren einen schweren wirtschaftlichen Einbruch erleben musste? Niemand ist in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten jemals hier vor Ort gewesen – stattdessen drängt sich mir der Eindruck auf, dass der LBV bewusst positive Ansätze blockiert, mit denen sich eine Region weiterentwickeln möchte. Nach der für mich immer gleichen Vorgehensweise des LBV getreu dem Motto ‚Wir sind dagegen!‘. Ohne sich aber detailliert mit dem Thema zu befassen, die Grundstrukturen der Stadt zu kennen, das Umfeld genau zu analysieren oder Gespräche mit den Menschen vor Ort zu führen.“
Von der Gartenschau bis zum Projekt StadtGrün
So hätte der LBV erfahren, dass die Stadt Tirschenreuth in den vergangenen Jahren alleine im Rahmen der Gartenschau nicht nur 20 ha innerstädtische Wasser- und Grünflächen sowie weitere Ausgleichs- und Habitatflächen neu geschaffen habe, sondern aktuell mit dem Projekt Zukunft StadtGrün das Konzept der Gartenschau weiter fortführe – und damit in der Innenstadt noch mehr Grün- und Erholungsflächen schaffe.
Franz Stahl weiter: „Auch sage ich ganz deutlich, dass es bei uns keine Gewerbeflächenausweisung von nicht genutzten Flächen ins Blaue hinein gibt, sondern wir immer mit einem strukturierten Flächenmanagement auf einen aktuellen Bedarf reagieren. So ist die Auswahl des Areals im Süden unserer Stadt historisch begründet, denn dieses war schon immer für Gewerbeansiedlungen gedacht. So ist mit der Schmelitz und einem Betonwerk bereits Industrie vor Ort.“
Bereitschaft zu Dialog
Der Bürgermeister betont aber auch die weitere Bereitschaft zum Dialog. So habe man schon vor dem Vor-Ort-Termin des LBV eine schriftliche Gesprächseinladung ausgesprochen, aber darauf bis heute noch keine Rückmeldung erhalten. „Wir bleiben für ein Gespräch offen. Denn natürlich ist es uns wichtig, den LBV in unsere Planungen, die vom Landschaftsarchitekturbüro NRT unter steter Beachtung aller rechtlichen Vorgaben aktuell mit Volldampf vorangehen, einzubeziehen.“
Landschaftsarchitekten überrascht von LBV-Aussagen
Auch Dietmar Narr vom planenden Landschaftsarchitekturbüro NRT zeigte sich überrascht und verwundert über die Aussagen des LBV und die damit verbundenen Anschuldigungen. „Offenbar sollen hier bereits im Vorfeld der eigentlichen Planungsphase irreführende Aussagen oder Fakten lanciert werden, um das Projekt in Frage zu stellen. Sowohl Inhalt als auch Vorgehensweise erwecken den Eindruck, dass die LBV-Verantwortlichen sich noch nicht die Mühe gemacht haben, die Verhältnisse draußen vor Ort zu besichtigen oder auch die bereits vorliegenden Recherche-Ergebnisse zu berücksichtigen.“
Demgegenüber würden die Stadtverwaltung und der Stadtrat einen von Anfang offenen und transparenten Planungsprozess im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung betreiben, ebenso sei die Vorgehensweise bereits mehrfach mit zuständigen Fachbehörden abgestimmt. Im Einzelnen ergebe sich aktuell folgender Sachstand:
1. Stand des Verfahrens:
Wie in der öffentlichen Stadtratssitzung am 25. März erläutert, sind die natur- und artenschutzfachlichen Bestandsaufnahmen derzeit im Gang. Das Projekt befindet sich noch in der Vorplanungsphase, in der sämtliche Rahmenbedingungen und das weitere notwendige Untersuchungsprogramm mit spezialisierten Büros geklärt und abgestimmt werden.
2. Moorwald:
Die Planung verursacht keine flächigen Eingriffe in den nördlich angrenzenden Moorwald. Vielmehr wurde bereits im ersten Abstimmungsgespräch am Landratsamt vereinbart, bauliche Eingriffe dort bestmöglich zu vermeiden. Im Ergebnis wurde der Geltungsbereich der Planung entsprechend nach Süden verschoben, um den Belang ausreichend berücksichtigen zu können.
3. Faunistische und vegetationskundliche Untersuchungen:
Diesbezüglich wird ein umfangreiches Programm bearbeitet. Untersucht werden die Tiergruppen Vögel, Fledermäuse, Säugetiere (z. B. Biber, Haselmaus) Amphibien, Reptilien, Libellen, Tagfalter und Heuschrecken. Sowohl die Auswahl der Tiergruppen als auch die Anzahl von jeweiligen Untersuchungsdurchgängen ist mit der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt abgestimmt. Die Untersuchungen wer-den von hoch spezialisierten Biologen, Landschaftsökologen und Gebietskennern durchgeführt. Selbstverständlich wird auch die Vegetation kartiert und die damit verbundenen Schutzfunktionen untersucht.
4. Schutzgebiete und Schutzkategorien:
Die Auswertung der vorliegenden Fachdaten zeigt, dass im geplanten Gebiet keine naturschutzfachlichen Schutzgebiete oder Biotope ausgewiesen sind.
5. Geohydrologische und bautechnische Untersuchungen:
Um größtmögliche Planungssicherheit zu gewährleisten, werden die hier genannten Fachgutachten bearbeitet, im Rahmen derer die Standortbedingungen und Funktionszusammenhänge ermittelt werden.
6. Verkehr und Lärm:
Auch diese Themen werden fachgutachterlich untersucht. Die Ergebnisse fließen direkt in die Planung ein.
7. Standortauswahl:
Die Standortauswahl erfolgte seitens der Stadtverwaltung sehr überlegt unter Berücksichtigung und Prüfung aller denkbaren Alternativen. Es zeigt sich danach, dass diese im Stadtgebiet nicht vorhanden sind, sodass nur eine Entwicklung im Süden möglich ist. Im Rahmen der kommunalen Flächennutzungsplanung wird dieser Belang mit besonderer Bedeutung bearbeitet und nachvollziehbar erläutert.
8. Vorbelastungen:
Südlich des geplanten Areals erfolgt großflächig Kaolinabbau, im Westen und Norden wird das Gebiet durch die Bundesstraße B15 mit den damit verbundenen Belastungen durch Lärm, Licht und Abgase begrenzt. Durch den Kaolinabbau ist das Areal bezüglich der Standortfaktoren Boden und Wasser künstlich geregelt, ebenso handelt es sich beim Engelmannsteich nicht um ein natürliches Gewässer, sondern um ein künstlich geregeltes System.
9. Städtebauliches Konzept:
Entgegen den Aussagen des LBV sieht das Konzept keine „Abgrabungen“ am Engelmannsteich vor. Vielmehr entsteht die Insel durch Vergrößerung des Wasserkörpers, was zu einer Verbesserung der gesamtökologischen Gegebenheiten im Engelmannsteich führen kann.
10. Transparenz und Offenheit des Planungsprozesses:
Die Stadt Tirschenreuth betreibt im Zusammenhang mit dem Projekt einen vorbildlichen Planungsprozess. Vorgesehen ist, neben den üblichen amtlichen Bekanntmachungen, zum Beispiel der Vortrag von Sachstandsberichten im Stadtrat im regelmäßigen Turnus. Sollten sich bisher nicht vorhersehbare neue Erkenntnisse oder Probleme zeigen, so werden dies reaktionsschnell kommuniziert und im Gremium behandelt und abgestimmt.
„Der LBV wäre gut beraten, zunächst die Ergebnisse der fachgutachterlichen Erhebungen abzuwarten, um darauf aufbauend den Planungsprozess zu begleiten – gerne auch kritisch. Auch die aktive Beteiligung des LBV im gesetzlich vorgegebenen Planungsverlauf ist erwünscht, so könnten zum Beispiel naturschutz- bzw. artenschutzfachliche Belange frühzeitig in der Planung berücksichtigt und integriert werden. Allerdings dürfen sowohl die Stadt beziehungsweise Stadtverwaltung sowie das beauftragte Planungsbüro erwarten, dass die vorgebrachten Argumente fachlich fundiert und wahrheitsgemäß belegt sind“, so das Fazit von Dietmar Narr.
Gewinn für die Region
Es ist Bürgermeister Franz Stahl wichtig, noch auf die zahlreichen positiven Aspekte der Unternehmensansiedlung hinzuweisen. So sei diese ein neuer Standort für ökologische und nachhaltige Technologien, der Fertigungskompetenz im Bereich Holzbau bündele – und mit seinem Holzbau-Kompetenz-Zentrum ein Aushängeschild für die Stadt und die Region werde. Damit einher gehe eine Erhöhung der Wertschöpfung und des Steueraufkommens, was wiederum zu einer Steigerung der Kauf- und Wirtschaftskraft der privaten Einkommen, der öffentlichen Hand und der regionalen Wirtschaft führe.
„Auch entsteht ein großes Angebot an 1.000 neuen Arbeitsplätzen für unterschiedliche Qualifikationen vom Handwerker über den Techniker bis hin zum Ingenieur. An einem Produktionsstandort, der stadtnah ist – und sich dennoch außerhalb des Stadtgebietes befindet. Und last but not least werden durch den neuen Standort auch rund 180 LKW-Ortsdurchfahrten eingespart“, informiert Franz Stahl. Dessen Resümee eindeutig ist: „Die geplante Unternehmensansiedlung ist ein Gewinn für die Region und die Menschen, die hier leben“.
Foto 1: Stadt Tirschenreuth
BU: Stehen hinter den Planungen – und für Transparenz: Konrad Schedl, Sprecher der Fraktionsgemeinschaft Bündnis 90/Die Grünen und SPD im Stadtrat, Huberth Rosner, Fraktionssprecher der CSU im Stadtrat, 3. Bürgermeister Norbert Schuller, Manfred Zandt, Fraktionssprecher der Freien Wähler im Stadtrat, Dietmar Narr, Franz Stahl, Stadtbaumeister Andreas Ockl und Stadtförster Stefan Gradl (v.l.)
Foto 2: Stadt Tirschenreuth
BU: Dietmar Narr, Franz Stahl und Huberth Rosner, Sprecher der CSU-Stadtratsfraktion (v.l.) mit einem Planungskonzept für das neue Gewerbegebiet. Gut zu erkennen sind die großzügigen, bis zu 50 m breiten Eingrünungen rund um das Areal.